Mittwoch, 29. Juli 2015

Macht es überhaupt einen Sinn, angesichts der jährlichen Tötungszahlen, vegan zu leben?



 


Hierzu Auszüge aus einem Beitrag von Martin Balluch:






„1) Aufbau einer veganen Alternative


Wenn auch die Wirkung, keine Tierprodukte zu kaufen gering ist, so ist die Wirkung, vegane Alternativen zu kaufen, deutlich zu spüren. Wer vegane Sommerfeste besucht, wird rasch merken, wie sehr sich diese vegane Infrastruktur entwickelt. Und wie sollten TierrechtlerInnen auf ihre Revolution hinarbeiten, ohne eine konkrete, machbare Alternative vor Augen? Aus der politischen Praxis weiß ich, dass gesellschaftsweit keine Änderung einer Verhaltensweise möglich ist, ohne dass vorher die Alternative entwickelt und in der Realität erprobt wurde. Das bezieht sich auch auf vegane Schwangerschaften, Säuglingszeit und ein von Geburt an veganes Leben. Ist das ohne Schwierigkeiten möglich, ja vielleicht sogar gesünder als omnivor? Auch um diese Frage zu entscheiden braucht es genügend Menschen, die das versuchen.

2) Die politische Botschaft

Vegan zu leben ist eine politische Botschaft. Überall, wo vegane Menschen auftreten, wird diese Botschaft gehört und führt zu Diskussionen. Bei jedem gemeinsamen Essen mit Nicht-VeganerInnen wird automatisch Veganismus zum Thema. Man fordert zwangsläufig Firmen und gastronomische Betriebe heraus, auch die ArbeitgeberInnen müssen in gewissem Rahmen darauf Rücksicht nehmen, z.B. die Uni bei wissenschaftlichen Konferenzen. Und nicht zuletzt schafft die vegane Lebensweise eine Bewegungsidentität in der Tierrechtsszene. Veganismus ist eine Gemeinsamkeit, die über das konkrete politische Engagement hinausgeht und eine soziale Brücke bildet. Als tierschutzpolitisch aktiver Mensch fühlt man sich durch alle veganen Personen direkt unterstützt und gefördert, und bekommt dadurch mehr Kraft sich weiter für Tierschutz einzusetzen.

3) Ethik und Psychohygiene

Unter systemkritischen Linken findet man oft eine starke Aversion gegen moralische Argumente. Die Moral sei ein Ausdruck kleinbürgerlicher Kleingeistigkeit, offenbar wird dabei hauptsächlich an so etwas wie Tischsitten oder Kleiderordnungen gedacht. Aber natürlich spielt die Ethik im eigenen Leben eine verdient wichtige Rolle. Und vom Tierrechtsstandpunkt aus ist sicherlich ein nichtveganes Leben unethisch.

Durch den Konsum von Tierprodukten wird man direkt für das Leid und den Tod von Tieren verantwortlich. Kinderpornografie, Snuff-Movies von echter Folter und Mord und oft auch konsensuale Pornografie mit Erwachsenen sind insbesondere in politisch-progressiven Kreisen nicht nur verpönt, die ethische Ablehnung geht so weit, dass man den Konsum derartiger Produkte auch bei anderen Personen zu verhindern versucht. Wer das akzeptiert und gleichzeitig auch Tieren Grundrechte zuerkennt, wird es schwer haben zu argumentieren, warum der Konsum von Tierprodukten ethisch kein Problem sein soll.
Wie wäre das, ließe sich Menschenfleisch legal importieren? Ist einmal anerkannt, dass Tierprodukte ein ethisches Problem darstellen, dann ist deren Vermeidung allein schon aus psychohygienischen Gründen geboten. Kaum etwas wirkt sich negativer auf die Psyche aus, als eine direkt erlebte, schrille Diskrepanz zwischen praktischem Handeln und ethischer Haltung, wie uns Melanie Joy bei ihrem Vortrag kürzlich an der Uni in Wien anschaulich erläutert hat. Dazu gehört auch die Kultivierung einer echten Abscheu vor Tierprodukten, die letztlich wieder ein starkes politisches Signal initiieren kann. 

 
Für mich gibt es also einige gute Gründe vegan zu leben, selbst wenn man durch den Boykott tierlicher Produkte allein noch keine Gesellschaft verändern kann.“




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