Mittwoch, 8. März 2017

"Es hängt alles zusammen, von dem Vogel, dessen Nest man zertritt, bis zu den Nestern der Menschen, die der Krieg dezimiert."

Louise Michel (29.5.1830 - 9.1.1905)


Dass die Ausbeutung von Tieren und die Unterdrückung von
Frauen in Verbindung stehen, ist für Louise Michel vollkommen
klar

«Die Engländer züchten Tierrassen für das Schlachthaus; die zivilisierten Menschen bereiten den jungen Mädchen das Schicksal vor, betrogen zu werden, um es ihnen dann als Verbrechen anzurechnen und dem Verführer fast als Ehre. Welch ein Skandal, wenn sich Eigensinnige in der Herde befinden!
Wo kämen wir denn da hin, wenn sich die Lämmer nicht mehr schlachten lassen wollten? Es ist wahrscheinlich, daß man sie trotzdem schlachten würde, ob sie den Hals hinhalten oder
nicht. Was soll’s! Es ist doch besser, ihn nicht hinzuhalten. Manchmal verwandeln sich die Lämmer in Löwinnen, in Tigerinnen oder Kraken. Recht so! Man hätte die Kaste der Frauen nicht von der Menschheit trennen sollen. Gibt es nicht Märkte, wo die schönen Töchter des Volkes auf der Straße ausgestellt und verkauft werden, und werden nicht die Töchter der Reichen für ihre Mitgift verkauft?» 


Weiterhin schreibt sie: «Die Seidenraupen und die Mädchen aus dem Volke sind zum Spinnen
geboren. Die Raupe wird gebrüht, und das Mädchen stirbt oder krümmt sich wie gebogenes grünes Holz», sowie: «Wenn die gefangene Maus, statt ihren kleinen kläglichen Schrei zwischen
Himmel und Erde auszustoßen, die gleichermaßen taub sind, versuchte, der Eule, die sie auffrißt, an der Kehle zu nagen, würden zwar die ersten sterben; aber schließlich würde die Angst das gierige Tier packen, und da alle Lebewesen leben wollen, würde es sich schließlich lieber von Körnern ernähren als zu verrecken. So muß auch das menschliche Vieh vorgehen; die Frau kann ihre Zeit nicht damit verlieren, illusorische Rechte zu fordern (die Leute, die sie ihr versprechen, genießen sie selber nicht), sie muß ihren Platz in den Reihen der Kämpfenden einnehmen und sich gleichzeitig von der Prostitution befreien, von der sich niemand als sie selber befreien wird.»


Ihren eigenen Platz in den Reihen der Kämpfenden nimmt sie ein. Am 10. April heißt es im Kalender der Kommune: «Die Frauen von Paris organisieren sich unter Louise Michel und Elisabeth Dimitroff.» In der «blutigen Maiwoche» wird in Barrikadenkämpfen versucht, die Stadt zu halten, was nicht gelingen wird – in den Kämpfen und den folgenden Massenexekutionen
tötet die Reaktion etwa 30.000 Menschen. Es sind Frauen, welche die Barrikade der Place Blanche bis zuletzt halten, sie kämpfen in der Uniform der Nationalgardisten. Michel gehört dem
61. Bataillon vom Montmartre an.  


«Man sagt, daß ich bei der Barrikade Perronet in Neuilly mit allzu großer Selbstverständlichkeit einer in Gefahr geratenen Katze zu Hilfe geeilt bin. Nun ja, aber deswegen habe ich doch nicht meine Pflicht versäumt»,

verteidigt sie sich in ihren Memoiren gegen einen Vorwurf, den manche Augenzeugen gegen sie erhoben haben. «Das arme Tier kauerte in einem Winkel unter platzenden Schrapnells und
schrie wie ein menschliches Wesen. Mein Gott, ja! Ich habe die Katze geholt, aber das hat keine Minute gedauert; ich habe sie einen Schritt weiter abgesetzt, wo sie einigermaßen in Sicher-
heit war. Sie wurde sogar von jemandem aufgenommen.» 


An anderer Stelle schreibt sie: «Man hat mir oft vorgeworfen, daß ich mehr Sorge für die Tiere als für die Menschen empfinde:

warum sollte man die Bestien bedauern, wenn die vernünftigen Wesen so unglücklich sind? Aber es hängt alles zusammen, von dem Vogel, dessen Nest man zertritt, bis zu den Nestern der Menschen, die der Krieg dezimiert. Das Tier krepiert vor Hunger in seinem Loch, der Mensch stirbt daran in fernen Gegenden.


Und das Herz des Tieres ist wie das Menschenherz, sein Gehirn ist wie das des Menschen, nämlich fähig, zu fühlen und zu begreifen. Man mag noch so sehr darauf treten, die Wärme und der Funke darin erwachen immer wieder. Bis zur Blutrinne des Laboratoriums vermag das Tier Liebkosungen oder Grausamkeiten zu empfinden.»


Aus: Matthias Rude: Antispeziesismus. Stuttgart 2013.

1 Kommentar:

  1. Danke, mir geht das Herz auf,wenn ich Menschen lese die so fühlen wie ich.Seid 11 Jahren vegan und mitfühlender denn je , mit allem was kreucht und fleucht.
    Manchmal rauben mir Mitmenschen, wenn man sie noch als solche bezeichnen kann , fast den Verstand.
    Danke für die gute Seite.

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